Die Auswirkungen der Bodenreform im Nauener Land

Der ostelbische Landadel hatte den preußisch-deutschen Militarismus gestützt und später, bis auf Ausnahmen, den Nationalsozialismus mitgetragen. Als Sozialklasse waren sie 1945 diskreditiert. Bauern und Landarbeiter Nauens blieben in der öffentlichen Wahrnehmung untergeordnete und gehorsame Untertanen. Erst die Bodenreform 1945-1949 löste die fest verankerten gesellschaftlichen Austauschverhältnisse auf.

Die Anregungen Walter Ulbrichts, der im Oktober 1945 in Nauen sprach und dabei auf die Notwendigkeit der gegenseitigen Hilfe der Bauern untereinander wie auch auf die erforderliche Unterstützung der Bauern durch die Arbeiterklasse hinwies, führten zu Solidarisierungserscheinungen. Parteifunktionäre der SED, der Jugendorganisation, der Gewerkschaft wurden dabei vor Ort eingebunden. Es entstanden diverse Aktions-Programme die zentral gesteuert und gelenkt wurden. Hauptsächlich ging es dabei immer wieder um die Erreichung von Produktionszielen immer im Kampf um die Hoheit der Arbeiterklasse und den Kampf gegen den Hunger. Es wurden auch fiktive oder echte konspirative Konterrevolutionäre gesucht und gefunden, die sich dem Kampf entgegenstellten, auch in Nauen. Heute würde man von legitimer Opposition reden, damals waren plurale Meinungsäußerungen ein Grund ins Gefängnis zu geraten oder schlimmeres. Insgesamt deutliche Zeichen und Hinweise auf gering entwickelte gesellschaftliche Standards, die einen geregelten Konfliktmechanismus auf humaner Basis noch nicht entwickelt hatte.

Die Großgrundbesitzer mit mehr als 100 Hektar Landbesitz wurden enteignet. Junkerland kam in Bauernhand. Hunderttausende Flüchtlinge und Aussiedler von jenseits der Oder und Neiße bekamen in Brandenburg ein neues Zuhause und Land zur Bewirtschaftung. Schlösser, Herrenhäuser, Parks – Zentren der Macht, aber auch architektonische Kleinode – wurden zu Flüchtlingswohnungen, Schulen, Altenheimen.

Die Neubauern, die durch Maßnahmen der demokratischen Bodenreform mit Land ausgestattet wurden, hatten es schwer, sich gegen die ehemalig privilegierten Mittelbauern, Ackerbürger und Aktionäre durchzusetzen. Die SED führte den im Eigeninteresse angeheizten und propagierten Klassenkampf an der Seite der Neubauern, um die Bodenreform durchzusetzen. Dabei kamen ebenso viele Menschen ums Leben, wurden verhaftet und entrechtet. Die DDR-Staatspolitik war also insgesamt alles andere als menschenfreundlich in den 40 Jahren. Ein Grund für den wachsenden Unmut waren die Unfähigkeiten, mit Abweichlern auf einem geregelten und würdigen Weg systemverträglich umgehen zu können. Die DDR-Systembonzen blieben im Geist dem nachwirkenden Stalinismus stets verhaftet und lernresistente sture alte Böcke. Eine komplette Riege, die als prominente Leitbilder exakt zu Null Prozent eine tragfähige Vorbildsfunktion für Heranwachsende aufwiesen. Die DDR entstand aus diesen Geburtsfehlern und wuchs schief in die Höhe, weil der Kurs und die Richtung im Systemapparat nicht korrigierbar war. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

Die damit verbundenen Enteignungen betrafen auch die zwei bekanntesten Großgrundbesitzer des Nauener Landes die Familie von Ribbecks und die Familie von Borsig. Hans Georg Karl Anton von Ribbeck, war zwar kein Widerständler gegen Hitler, aber ein großer Spötter. Das genügte, um ihm 1945 im KZ Sachsenhausen das Leben zu nehmen. Die Familie wurde durch die Bodenreform enteignet, das Schloss beherbergte von 1952 bis 2004 ein Alten- und Pflegeheim. Als Opfer der Nationalsozialistischen Diktatur erhielten die Ribbecks 25 Hektar Land aus dem Bodenfonds zurück. Die Furcht vor sowjetischer Besatzung trieb sie jedoch gen Westen.

Auch das Rittergut Borsig wurde eingezogen. Im Gegensatz zum Vater, einem der Hauptfinanziers der NSDAP, schloss sich Ernst von Borsig in der Zeit des Faschismus der bürgerlich-zivilen Widerstandsbewegung des Kreisauer Kreises an, der sich sechsmal auf dem Gut Groß Behnitz traf. Hier erarbeiteten die Mitglieder die Pläne für die agrarische Entwicklung Deutschlands nach der Hitler-Diktatur. Mit der Bodenreform erhielten 222 Umsiedler und Landarbeiter 1.481 Hektar Land des Gutes als Eigentum. Das Schloss bot Flüchtlingen Wohnung, wurde jedoch nach einem Dachstuhlbrand abgerissen. Das Logierhaus diente als Sozialgebäude. Bis 1990 bewirtschaftete die LPG das Gut. Danach begann der endgültige Verfall. Bis Stober es kaufte, mit eigenem Geld und Fördermitteln von Denkmalschutz und Land den Aufbau begann.

Literatur

Autor: Norbert Freyer, 2020

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