Agrarwirtschaftsgeschichte

Die Landwirtschaft ist die erste aller Künste. Ohne sie gäbe es keine Kaufleute, keine Dichter und Philosophen. Nur das ist wahrer Reichtum – was die Erde hervorbringt. – Friedrich II., 1750 (in: Wilhelm Treue: Wirtschafts- und Technikgeschichte Preußens, Walter de Gruyter, 2011, S.66)

Nauens primärer Wirtschaftssektor war bis weit in das 20. Jahrhundert der Agrarsektor. Dies galt insbesondere für die 14 ländlichen Ortsteile Nauens.
Als solches gehörte der Ort in die Wirtschaftsstruktur der ostelbischen Gutsverfassung.

Gutsherren hatten auf der örtlichen Ebene richterliche und verwalterische Kompetenzen. Sie nahmen als Patrimoniale Herren so etwas wie die Rolle eines Amtsmanns ein, ähnlich den heutigen Amtsverwaltungen. Dafür verfügten sie auch über ein paar Verwaltungsgehilfen, die so eine rudimentäre Verwaltungsstruktur - auf eigene Rechnung - etabierten. Sie agierten als örtlicher Verteter des Landesherren, hier des brandenburgischen Kurfürsten aber in eigener Person. Unangefochten und mit großer Autonomie versehen, hatten sie umfassende Eingriffsrechte auf die persönlichen Lebenswelten der ansässigen Dorfbevölkerungen. Dieses für europäische Verhältnisse eher unfreie Gutsherrschaftsmodell hatte sich östliche der Elbe im Zuge der Frühen Neuzeit, die gekoppelt mit einer Vergetreidung der Anbaustrukturen war, gebildet. Dazu kam es aufgrund der erfolgreichen Behauptung des Adelsstandes in ihrer Auseinandersetzung mit den sich formierenden Bürgertum, die in der Reformation, die eine Frühbürgerliche Revolution war, Verbürgerungstendenzen aufhalten und Zurückdrängen konnten. In einer Gegend mit überwiegend freien Bauern brachte die Refeudalisierung ab dem 17. Jahrhundert spürbare Einschnitte der Grundrechte.

Die Region produzierte auch für den Export, der über den Havelländischen Kanal in die Elbe nach Hamburg verschifft wurde und von dort in den Weltmarkt, hauptsächlich in die urbanen Niederlanden ging. Auch für die Altmark, die ein starkes Bierbraugewerbe (z.B. Garley) hatten, wurde regional produziert. Die monopolistischen Wirtschaftsstrukturen förderten Großgrundbesitzer, die das verfügbare Land zunehmend an sich zogen. Die Zahl freier Bauern ging in der gesamten Mark Brandenburg zurück. Für Nauen samt Umland waren es über die Zeiten hinweg immer die Vertreter der gleichen Adlesfamilien, die in der Region die Fäden in der Hand hielten und bis heute bekannt sind: von Ribbeck, von Rochow, von Bardeleben.

1720 folgte die Gründung des Amt Nauen, ein Domänenamt des Königs. Eingesetzt wurde wieder ein Pächter, der entsprechende Abgaben zu leisten hatte, aber dieselben Eingriffsrechte besaß, wie nicht königliche Gutsherrschaften. Das Amt hatte seinen Sitz in Berge. Auch das Amtsgebiet bestehend aus vier Dörfern und zwei Vorwerken gehört heute vollständig zum Stadtgebiet von Nauen.

Auch nach der Bauernbefreiung blieben gutsherrschaftlichte Strukturen weiter bestehen. Die Region Berlin, Halle-Leipzig wurden zu bedeutenden Zentren der Sozialdemokratie. Der Junker mit Schmiss wurde zum Feindbild der sozialrevolutionären Arbeiterbewegungen, die ein Bündnis mit den Landarbeitern suchten und eingingen. Sozialer Fortschritt und der Kampf gegen die Konservative Reaktion wurden in der Region bedeutende politische Leitmotive, die sich überall auswirkten und letztlich auch in den Arbeiter- und Bauernstaat nach 1945 ümündeten. Es setzten Kollektivierungsprozesse ein, die das Land vergemeinschaftete. Auf Basis von Zwang, wurden so große Landwirtschaftsbetriebe geschaffen die bis heute in ihren Grundstrukturen, als privatisierte Nachfolgebetriebe auf den etablierten Liegenschaften der vormaligen LPGs weiterexistieren. Fast jeder der Orte Nauens hat in seinem geografischen Außenbereich der Kernsiedlung so ein größeres landwirtschafltiches Betriebsgelände, mit Werkstätten, Lagerhallen, Garagen oder auch Verarbeitungseinrichtungen. Diese wurden seit 1990 fortwährend modernisiert und die Agrarstrukturen haben sich mehr auf den Weltmarkt ausgerichtet als zu DDR Zeiten. Es wird das produziert, was rentabel ist.
Die landwirtschaftliche Technik ist hochmodern und sehr kapitalintensiv. Die Arbeit stark automatisiert und digitalisiert. Smart und biologisch ausgerichtet ist der aktuelle Zustand Nauener Landwirtschaft.

Autor: Norbert Freyer, 2020

Cookie-Einstellungen

Wir verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Webseiten-Erlebnis zu bieten. Dazu zählen Cookies, die für den Betrieb der Seite und für die Steuerung unserer kommerziellen Unternehmensziele notwendig sind, sowie solche, die lediglich zu anonymen Statistikzwecken, für Komforteinstellungen oder zur Anzeige personalisierter Inhalte genutzt werden. Sie können selbst entscheiden, welche Kategorien Sie zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.
→ Weitere Informationen finden Sie in unserem Datenschutzhinweis.

Diese Seite verwendet Personalisierungs-Cookies. Um diese Seite betreten zu können, müssen Sie die Checkbox bei "Personalisierung" aktivieren.