Arco-Schüler werden bald lautlos über das Havelland gleiten
Nauen Ein ungewöhnliches Bild bot sich auf dem Sportplatz der Dr.-Georg-Graf-von-Arco-Oberschule mit Grundschulteil in Nauen. Ein Segelflugzeug schien dort notgelandet zu sein. Doch tatsächlich hatte die neue Arbeitsgemeinschaft Fliegen an diesem Tag ihren Auftakt. Sieben Jungen und ein Mädchen hörten gespannt zu, was die flugversierten Männer vom Quax-Verein aus Bienenfarm ihnen erzählten.
Als Erster durfte Erik ins Cockpit des Segelfliegers steigen. Cyril Duysker zeigte ihm, wie das Flugzeug reagieren würde, wenn er den Steuerknüppel in die oder eine andere Richtung drückt. Der 13-Jährige zeigte sich beeindruckt. „Das ist echt cool. Ich würde gerne einen Beruf in Richtung Fliegen ergreifen“, begründet er seine Teilnahme an der AG. Was das genau sein könnte, dazu hat er aber noch keine Vorstellungen. Ramon kann sich gut vorstellen, das Havelland mal aus der Vogelperspektive zu sehen und dabei selbst am Steuerknüppel zu sitzen. „Ich mache mit, weil ich Flugzeuge toll finde und auch selber mal fliegen möchte“, sagte der 14-Jährige, der auch den Ausflug zum Flugplatz Bienenfarm vor Kurzem noch in guter Erinnerung hat. „Das war sehr informationsreich. Und man konnte dort schon richtige Flugzeuge sehen, unter anderem Doppeldecker.“
Der Anstoß zur AG ging vom Quax-Verein zur Förderung von historischem Fluggerät aus. Der hat in Bienenfarm seinen Sitz und betreibt das Oldtimerfliegen. „Ziel ist es, dass wir in den nächsten Jahren eine Jugendgruppe auf dem Flugplatz aufbauen wollen und dazu Nachwuchs aus der Region heran holen möchten“, sagt Alexander Stendel, Vorsitzender des Quax-Vereins. „Wir wollen der Gesellschaft auch etwas zurück geben, indem wir Kinder einbeziehen, die sonst nicht die Möglichkeit dazu hätten.“
Mehreren Schulen habe man den Vorschlag unterbreitet und die Arco-Schule hat am schnellsten reagiert, so Stendel. Das ist auch der neuen Schulleiterin Susan Wolf zu verdanken. „Als ich davon gehört habe, nahm ich Verbindung zum Flugverein auf, bin hingefahren und habe es mir angeschaut. Das ist dort schon sehr beeindruckend“, sagt sie. Danach gab es vor Ort einen Info-Tag für die Sieben- und Achtklässler. Und niemand von denen, die jetzt mitmachen, musste überredet werden. „Ich bin gespannt, wie es anläuft“, sagt die Schulleiterin, die das Thema Fliegen auch in den Unterricht einbeziehen will. So würden die Kinder am praktischen Beispiel lernen, wozu man Englisch und Physik benötigt.
Und Physik soll auch Teil des theoretischen Unterrichts innerhalb der AG sein, wie Alexander Stendel sagt. Jeden Dienstag wird die Arbeitsgemeinschaft nun zusammen kommen. „Wir orientieren uns als Basis an der Theorieausbildung für den Segelflugschein“, sagt er. So werden die Kinder Flugmodelle aus Balsaholz selber bauen und unmittelbar erleben, warum Flugzeuge fliegen oder eben nicht.
Doch zum Auftakt der AG-Arbeit ging es erst einmal ganz praktisch zu. Die Kinder durften mithelfen, ein echtes Segelflugzeug zusammenzubauen, das auf einem Autoanhänger angereist war. Erst wurde der Rumpf abgeladen. Daran kamen die beiden Flügel, die ordentlich verschraubt werden müssen, wie die Kinder gleich lernten. Schließlich folgte noch das Höhenleitwerk, bei dessen Einbau die Schüler Cyril Duysker und Matthias Hanisch aufmerksam zuschauten. Beide gehören dem Quax-Verein an und werden gemeinsam Pedro Schäffer, der für den Lehrplan zuständig ist, sowie anderen den Unterricht mit den Schülern bestreiten. Hanisch ist Ausbildungsleiter des Vereins. „Das ist ein super Hobby, trotz meiner beruflichen Fliegerei“, sagt er. Im richtigen Leben ist er ebenfalls Pilot. Schon am nächsten Tag sitzt er wieder im Cockpit eines Frachtflugzeuges Boeing 777 auf dem Weg nach Chicago. „Das unterscheidet sich aber von der Tätigkeit im Verein, weil es hier viel ursprünglicher ist. Die Fliegerei mit den Oldtimern ist pures handwerkliches Fliegen.“
Wie Matthias Hanisch sind auch andere Quax-Mitglieder beruflich in der Fliegerei zu Hause. „Flugkapitäne können aus ihrem Leben erzählen, auch Flugzeugmechaniker, Meteorologen oder Fluglotsen. Wir zeigen damit, welche Berufsmöglichkeiten es gibt“, sagt Alexander Stendel. Dass der Unterricht mit Schülern der 7./8. Klasse beginnt, hänge auch damit zusammen, dass man mit 14 Jahren die Segelflugausbildung beginnen kann. Später gebe es sogar die Möglichkeit, den Motorflugschein zu machen – eventuell mit einer Förderung aus dem Quax-Programm „Junge Adler“. Am Ende des Schuljahres, in der letzten Woche vor den Ferien, soll die komplette AG für drei Tage den Unterricht auf den Flugplatz verlegen, so Stendel. „Dann wird jeder auch gemeinsam mit einem Fluglehrer im Segelflieger in die Luft zu gehen und selber steuern. Das ist dann die erste Flugstunde.“
Vereinsvertreter und die Schulleiterin haben jetzt auch einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Bürgermeister Manuel Meger (LWN) setzte seine Unterschrift ebenfalls darunter. „Die AG Fliegen ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Landkreis, mit dem man jungen Leuten das Fliegen näher bringen kann“, meinte er erfreut.
Quelle MAZ