Berge erinnert an Bombenabwurf vor 76 Jahren

24. Mai 2020 : Vor 76 Jahren, am 24. Mai 1944, warfen amerikanische Alliierte des Zweiten Weltkriegs Bomben auf Berge. Drei Häuser erhielten einen Volltreffer durch die Bomben, 16 Dorfbewohner starben. Mit einer Andacht erinnerten am Sonntag in Berge Einwohner an die Opfer der Bombardierung.

Nur wenige Sekunden lang fielen am Mittwoch, 24. Mai 1944, die Bomben auf Berge und forderten ein Jahr vor Kriegsende 16 Todesopfer in dem Dorf. US-amerikanische Bomber waren dafür verantwortlich, die zu dieser Zeit regelmäßig Großangriffe auf Berlin flogen. Bei dem zunächst letzten Großangriff auf Berlin machte der letzte Verband mit etwa 60 bis 80 Bombern am 24. Mai vormittags um acht Minuten nach elf Uhr einen Angriff auf Berge im Teppichabwurf. Damals sei nicht klar gewesen, ob es weitere Angriffe geben würde. Fünf der zahlreichen Bomben zerstörten Häuser mit einem Volltreffer, löschten Familien und Lebenspläne aus und legten Teile des Dorfes in Schutt und Asche. An diese Tragödie erinnerte 76 Jahre nach dem Schreckenstag eine Gedenkfeier am Sonntag auf dem Berger Kirchenfriedhof. Während des Geläuts wurden in der Dorfkirche Peter & Paul für die Toten des Bombenabwurfs 16 Kerzen in Form eines Lichterkreuzes angezündet. Nach der Andacht legten Nauens Bürgermeister Manuel Meger (LWN) und Ortvorsteher Peter Kaim (LWN+B) Blumengebinde am Gedenkstein ab. Auch sie sind der Einladung des Kirchengemeinderats zur Andacht gefolgt. Superintendent Thomas Tutzschke sagte in seiner Gedenkansprache: „Wir sind es, die diese Zeitzeugen kannten, wir haben ihre Berichte gehört. Wir sind es, die diese Berichte an die nachfolgenden Generationen jetzt weitergeben müssen, denn so etwas darf es nie wieder geben. Und darum darf so etwas nie vergessen werden“, mahnte der Geistliche.

Superintendent Tutzschke zitierte in seiner Gedenkrede den bereits verstobenen Zeitzeugen Gerd Gritsch, der auch die Schreckensmomente der Bombardierung in seinen Aufzeichnungen für die Nachwelt festhielt.  „Es mag kurz vor halb elf Uhr gewesen sein“, so kann man in den Aufzeichnungen des Schülers Gerd Gritsch lesen, „als die uns schon bekannte Handsirene in der Brennerei wieder einen Fliegeralarm ankündigte. Schon geübt, verschwanden in Windeseile benötigte Hefte und Schreiber in die Schulmappe. Und noch ehe unser Lehrer noch zu schnelleren Aufbruch mahnte, waren wir aus unseren Bänken heraus, stürmten zur Tür, die Stufen hinab und liefen ins Freie. Jeder aus Berge kannte seinen Weg, der ihm der nächste war. Und im Radio wurde gemeldet: Feindliche Verbände seien im Raum Uelzen mit Weiterflug auf die Reichshauptstadt Berlin unterwegs. Bunker, Schutzkeller und Schutzräume wurden aufgesucht. Dann, um 11:08 Uhr fielen die Bomben“, notierte der Zeitzeuge. „Vom Dröhnen der ersten Detonation einer Bombe vernahmen wir hinter der doppelt verriegelten Tür und dem Notausgang, der in unseren Garten führte, nicht viel. Aber dann begann das Inferno. Die Erde unter dem Betonboden fing unheimlich zu beben an. Ein Verbandskasten, den Frau Glage, die Frau des Gutsverwalters, auf einem Trägerbalken gestellt hatte, stürzte polternd auf den Beton. Kinder schrien und suchten ihre Mütter. Ich sah nur noch, wie mein jüngerer Bruder Heinz-Günther, den man Heini nannte, zum Notausgang lief, den Riegel erfasste, ihn aber nicht öffnen konnte. Dann wurde es dunkel. Schreie erschallten, und angstvolle Hilferufe. Das Beben – es schwoll augenblicklich so gewaltig an, dass ich meinte, es käme von allen Seiten und gleich müsste die Decke herunterbrechen. Dieses Grollen währte nur einige Minuten. Weinen und Schluchzen und Rufen von den Kleineren nach ihren Müttern mischte sich mit diesem Chor. Eine grauenvolle Angst ging um. Das Beben ließ dann nach und von irgendwo kam von einer Taschenlampe Licht. Aber immer noch warteten alle noch immer auf noch Schlimmeres. Dann ging endlich die Tür auf.“

Damals stellte sich Gritsch die Frage, was wohl passiert wäre, wenn der Kommandeur der Flugstaffel den Befehl zum Ausklinken der Tod bringenden Last nur ein oder zwei Sekunden später gegeben hätte.   

„Die Erinnerung an das, was war, - an die Verstorbenen - muss lebendig bleiben - wenn man lernen will, Schlüsse ziehen für die Gegenwart und für die Zukunft“, appellierte Superintendent Tutzschke in Erinnerung an die Ereignisse vom 24. Mai  1944.

 

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