Zeitgeschichte im Nauener Stadtforst – Spurensuche mit dem Landesmuseum

27. Februar 2023 : Nach Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden zahlreiche Soldatenlager in den Wäldern Brandenburgs. Bis heute belegen Überreste der sogenannten "Semljanka" (Erdhütten) den Soldatenalltag der damaligen Zeit, deren Existenz bis vor wenigen Jahren noch völlig unerforscht war.

Bürgermeister Manuel Meger (LWN) nahm am Samstag (18.2.) gemeinsam mit rund 40 Teilnehmern an der Begehung im Nauener Stadtforst teil. Unter ihnen waren auch Lukas Goldmann vom Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum BLDAM, der Nauener ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Daniel Dege und Robert Pritzkow (LWN) vom Ortsbeirat Börnicke. 

Es ist vor allem ehrenamtlichen Hobbyforschern zu verdanken, dass die Existenz dieser „Russenlager“ allmählich, fast 80 Jahre nach Kriegsende, erforscht wird. Erzählungen von Zeitzeugen hatten die Hobbyforscher einst auf die Spur gebracht. Gefunden hatte man an anderen Orten in Brandenburg immer wieder militärische und zivile Alltagsgegenstände wie Ausrüstung, Abzeichen, Feldflaschen und Besteck – einige mit kyrillischen Inschriften. Ausgewiesene Waldlager fanden sich laut Kartierung des BLDAM-Instituts demnach auch in Börnicke, Tietzow, Ribbeck und Klein Behnitz.

Mit Metalldetektoren, Regencapes und Thermoskannen ausgerüstet, zogen die Geschichtsinteressierten in den Nauener Stadtforst. „Das ist für mich ein ziemlich spannendes Thema, das wir heute hier angehen“, sagte der Bürgermeister zu Beginn der Tour, der die Neuere Geschichte zu seinen Steckenpferden zählt. „Wir sind heute im Nauener Stadtforst auf der Suche nach einem sogenannten Russenlager, das bislang noch nicht katalogisiert wurde. Allen Beteiligten, die die heutige Begehung möglich gemacht haben, möchte ich meinen Dank aussprechen, im Besonderen Daniel Dege, der die Organisation des heutigen Tages übernommen hat. Die Begehung fand im Zuge einer Ausbildung des BLDAM statt, die ja zugleich eine historische Aufarbeitung darstellt“, sagte der Bürgermeister.

Für Daniel Dege ist die laufende Geschichtsschreibung aus der Phase nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs äußerst spannend. „Über den Verlauf des Zweiten Weltkrieges und dessen Ende ist viel geschrieben und erforscht worden. Die vermuteten „Russenlager“ an dieser Stelle in Nauen sind ein wichtiges Stück Heimatgeschichte, die heute vielleicht ergänzt wird“, so Dege. „Immerhin wurde heute bereits eine russische Silbermünze aus dem Jahr 1889 aufgespürt. Das aufgespürte Lager im Wald stammt wohl von einer Militärübung aus den 1960er-Jahren, wie es die gefundenen Kampfmittel belegen“.

 Lukas Goldmann ergänzte: „Die Fundgegenstände sind Landeseigentum und werden entsprechend vom BLDAM entgegengenommen, inventarisiert gereinigt und archiviert. Eine öffentliche Ausstellung ist durchaus möglich. In jüngerer Zeit gab es etwa die Ausstellung "Ausgeschlossen" zur Archäologie der NS-Zwangsarbeiterlager. Im letzten Jahr erschien auch das Buch "Lagerland" von unserem Dezernatsleiter Dr. Thomas Kersting zu den diversen Lagern des 20. Jahrhunderts in Brandenburg. Dieses Thema ist in der archäologischen Forschung aber auch in der Museumsarbeit also gerade sehr aktuell“, so Goldmann. Die Begehung sei für das BLDAM ein wichtiges Werkzeug, um in diesem Fall die sonst wenig beachteten Hinterlassenschaften eines vermuteten sowjetischen Waldlagers zu dokumentieren. „Diese Zeugnisse aus einer Zeit besonders starker Umbrüche verdienen gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse unsere besondere Beachtung und die Wahrnehmung als Denkmale“, erläuterte er.

Robert Pritzkow sagte am Rande der Begehung: "Sehr beeindruckend finde ich die russischen Schriftzeichen. Sie wurden vermutlich vor 80 Jahren von sowjetischen Soldaten in einige Hainbuchen geritzt. Welche Geschichte sie wohl erzählen?"

Die Begehungsfläche indes ist als archäologische Fundstelle bekannt. Es ist wahrscheinlich, dass sie und ihre nähere Umgebung auch als Bodendenkmal ausgewiesen werden. Bodendenkmalflächen sind online über das Geoportal des BLDAM einsehbar. „Detaillierte Beschreibungen, Fotos und die Funde sind hingegen nur im BLDAM einsehbar. Dies dient auch dem Schutz der Fundstellen vor illegalen Raubgrabungen. Aus diesem Grund erfolgt auch in der Regel keine Kennzeichnung vor Ort“, sagte Lukas Goldmann.

Weitere Informationen über das BLDAM Brandenburg findet man unter www.bldam-brandenburg.de.

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