Vier neue Stolpersteine zum Gedenken an NS-Opfer in Nauen verlegt

24. September 2021 : In Nauen wurden am 18.September in der Berliner Straße und in der Straße Am Ritterfeld insgesamt vier Stolpersteine verlegt. Mit der Verlegung werden an die vor den Nazis geflohene Familie Homburger und den ermordeten Michael Kukurudza erinnert.

Die Stolperstein-Vorbereitungsgruppe Falkensee und dem Osthavelland als Teil der Lokalen Agenda 21 Falkensee recherchiert die Namen der Opfer, ihre Biografien und behält sie so der Bevölkerung in Erinnerung. An den kleinen Messingplatten legten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung Blumen nieder, darunter auch Nauens Bürgermeister Manuel Meger und der stellvertretende Ortsvorsteher von Börnicke, Robert Pritzkow (beide LWN). Die Veranstaltung wurde künstlerisch begleitet von Schülerinnen und Schülern des Goethe-Gymnasiums Nauen.

In der anschließenden Vortragsveranstaltung sagte Bürgermeister Meger: „Es gibt kaum Zeitzeugen, die das Schicksal der aus Nauen vertriebenen dreiköpfigen Familie Homburger noch miterlebt haben. Oder das des Michael Kukurudza, der 1933 als einer der ersten Nauener Einwohner verhaftet und im Konzentrationslager Börnicke ermordet wurde. Auch an diesem Ort, der inzwischen als Ortsteil zu Nauen gehört, ist Menschen Unrecht und Unmenschlichkeit widerfahren. Dort erinnert ein Mahnmal an dieses frühe ehemalige Konzentrationslager, in dem auch weitere Menschen ermordet wurden.“

Dr. Ines Oberling von der Stolperstein-Gruppe sagte der Tageszeitung MAZ: „Heute schließt sich hier ein Kreis, denn 2006 fand in Nauen die allererste Verlegung durch die Vorbereitungsgruppe statt. Wir fühlen uns in Nauen sehr willkommen geheißen und erfahren große Unterstützung durch die Bevölkerung, die Stadtverwaltung und durch die Schüler des Goethe-Gymnasiums. Das zeichnet Nauen besonders aus, dass die Schüler Interesse zeigen und sich daran beteiligen.“


Zur Historie:

Familie Michael Kukurudza stammte ursprünglich aus Polen. 1924 zogen Michael Kukurudza und seine Lebensgefährtin Magdalena Sawka mit ihren zwei Kindern nach Nauen, wo noch zwei Töchter geboren wurden. Vater Michael Kukurudza arbeitete als selbständiger Schumacher. Am 29. Mai 1933 wurde er von vier Hilfspolizisten wegen angeblichen Waffenbesitzes verhaftet und in das Konzentrationslager Börnicke überführt. Hier wurde er misshandelt und noch am gleichen Abend durch einen SA-Mann erschlagen. Seine Leiche wurde auf dem Gelände verscharrt. Als polnischer Staatsangehöriger erregte die Ermordung zwar internationales Aufsehen, führte jedoch erst nach dem Krieg zu Konsequenzen für den Täter.


Familie Emil Homburger stammte ursprünglich aus Hessen, wuchs aber in Nauen auf. Nach Abschluss des Realgymnasiums begann er eine kaufmännische Lehre in einer Bank. Als Soldat im I. Weltkrieg erhielt er diverse Auszeichnungen. Im Jahre 1921 heiratete er Bianka Bernstein und im darauffolgenden Jahr kam Sohn Hans zur Welt. Im gleichen Jahr eröffnete Emil Homburger auch sein Textilwarengeschäft in der Nauener Marktstraße 19. Auch Sohn Hans besuchte das Realgymnasium, das er aber ab März 1938 nicht mehr betreten durfte, weil er Jude war. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden sowohl das Geschäft als auch die Wohnung der Familie Homburger demoliert. Emil Homburger wurde verhaftet und von der Potsdamer Gestapo verhört. Im Februar 1939 gelang der Familie Homburger die Flucht über Frankreich nach Bolivien. Dort bauten sie sich unter extremen klimatischen Bedingungen mühevoll eine neue Existenz auf. Während die Eltern einen kleinen Lebensmittelladen in der Hauptstadt La Paz betrieben, ging Hans Homburger als Landarbeiter in den subtropischen Urwald. Emil und Bianka Homburger starben in den 1960er Jahren, Hans Homburger im Jahre 2005. Ihre Gräber befinden sich in Bolivien.

Der Initiator dieser Art des Gedenkens ist der in Nauen aufgewachsene Künstler Gunter Demnig. Nauen ist einer von 70 Orten in Brandenburg, an denen heute Stolpersteine liegen. Sie sollen an zahlreiche Menschen erinnern, die in den Jahren von 1933 bis 1945 unterdrückt, vertrieben, verschleppt und ermordet wurden. Die Intention, welche den Künstler bis heute antreibt, ist, den Menschen ihren Namen zurückzugeben und diesen an den letzten selbst gewählten Wohnort zurückzubringen.

(Historienquelle: Lokale Agenda 21, Vorbereitungsgruppe Stolpersteine)


 


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