Geschichte der Stadt Nauen

Ortsgründung, Kirchliche Organisation

Im Zuge der deutschen Ostsiedlung kam es nach Gründung der Mark Brandenburg 1157 zur dauerhaften Kolonisation des Havellandes durch deutsche Siedler aus den altdeutschen Siedlungsgebieten westlich der Elbe. Sie lebten fortan neben und mit den altansässigen Hevellern, die rund ein Viertel bist bis ein Drittel Anteil am Erbugt der Nachkommen aus der Region hatten. Beide Volksgruppen verschmolzen mit den Jahrhunderten. Entstanden ist die Stadt an einem Damm durch die Niederung des Havelländischen Luchs. Schon früh war dieser wichtige Verkehrsweg durch eine Burg gesichert, die heute nicht mehr existiert. Es hat vorübergehend einen Archidiakonat Nauen gegeben, weil dreimal (1241, 1242, 1244) ein Propst von Nauen als Urkundenzeuge genannt wurde. Dies bedeutet, dass Nauen bereits erheblich früher zu einem bedeutenderen Ort wurde und auch als Marktort relevant war. Pfarrkirche wurde die Jakobikirche. Es gehörte zum Bistum Brandenburg.

Immediatstadt, Verleihung von Stadtrecht und Marktrecht

Die brandenburgischen Markgrafen Otto und Konrad verliehen der Ansiedlung „Nowen“ im Jahre 1292 das brandenburgische Stadtrecht, es wurde also bei der Stiftung aus Brandenburg an der Havel übertragen. Diese Übertragungen waren typisch im Mittelalter und vollzogen sich zumeist nur durch einen pauschalen Verweis auf das Recht, bisweilen aber durch die Einführung eines ausführlichen, dem Recht der Mutterstadt nachgebildeten Stadtrechts. Es gab also eine direkte Rechtsbeziehung Nauens zur frühen Chur- und Hauptstadt der Mark Brandenburg. Bei Rechtsstreitigkeiten holten sich die Stadtvertreter Nauens Belehrung von der Mutterstadt, holten sich also das Recht von dort. Nauen war auch damals nicht nur die bebaute Stadt, sondern auch die Feldmark, ihre landwirtschaftlich genutzten Flächen um Nauen.

Das Stadtrecht bewirkte für Nauen:

  • das Recht auf eigene örtlich geltende Statuten,
  • eigene Magisträte (Exekutives Stadtverwaltungsgremium, mit Bürgermeisteramt),
  • das Recht eigene Zünfte zu unterhalten (Innungsrecht),
  • Recht auf Jahr- und Wochenmärkte.

Die Stadtgesellschaft untergliederte sich fortan auch nach dem Vorbild Brandenburgs in Bürger und Schutzverwandte. Die Bürgerschaft erhielt das Recht, durch einen aus ihrer Mitte gewählten Stadtrat die Gemeindesachen selbständig zu verwalten, ohne Abhängigkeit zum landesherrlichen Vogt. Die Stadt erhielt ein eigenes Siegel, womit Sie Urkunden und Verträge in eigenem Namen ausstellen konnte. So ein Stadtrat bestand aus Bürgermeister, Bauherren, Kämmerer, Ratmannen und Mitherren.

Die Städte der Mark gliederten sich in die unter der Landesherrschaft unmittelbar stehenden Immediatstädte und die unter adliger Obrigkeit oder in Abhängigkeit von der Domänenverwaltung verbliebenen Mediatstädte. Nauen unterstand nach Bewilligung der unteren Gerichtsbarkeit fortan unmittelbar den Landesherren und entsandte als statusaufgewertete immediatäre Stadt, als stimmberechtigter Vertreter der Stände, eigene Repräsentanten in den Landtag (in die zugehörige Landtagskammer für die Städte), der vormodernen Repräsentativkörperschaft landbesitzender Herrschaftsteilhaber. Markgraf Waldemar sicherte der Stadt 1317 das Marktrecht zu. Kurz zuvor hatte Nauen auch die eigene Gerichtsbarkeit und die Berechtigung, Holz zu schlagen, erhalten. Nauen errichtete 1429 ein sogenanntes Schulzengericht. Der Stadtobere, der Schulze, betraute die untere Gerichtsbarkeit.

Es entwickelte sich in der Folgezeit das Bauwesen und das örtliche Handelsleben. Nauen gehörte zum wirtschaftlichen Einzugsgebiet der Hanse. Brandenburgs Städte erlebten im Hochmittelalter eine erste Blütezeit. Für Handwerk und Gewerbe galt der Zunftzwang. Nach Anlage des Nauener Damms (ein Knüppeldamm) 1326 zur Durchquerung des Nauener Luchs, entstand bei Nauen eine Zollstation für einen Damm- und Deichselzoll für Landverkehr von Rathenow nach Spandau.

Glauben, Kirche und Frömmigkeit, kurz: Beten und Arbeiten bestimmten das Leben der Bewohner im Mittelalter. Die Fronleichnamsbewegung zog im 14. Jahrhundert auch in die Mark ein. Der Pilgerweg Berlin–Wilsnack bezog auch Nauen ein. 1326 ist der Bau einer Fronleichnamskapelle in Nauen bezeugt. Es etablierten sich in der Gegend überregionale bekannte Wallfahrten, sogenannte Wunderblutwallfahrten. Auch in Nauen entwickelte sich so eine Wunderblutwallfahrt ein, mit einer eigenen Brandlegende. Die Legende vom Nauener Wunderblut setzte den Stadtbrand von 1414 voraus. Diese mittelalterlichen Wanderungsbewegungen, vergleichbar mit Pilgerfahrten heutiger Zeit, waren frühe touristische und ökonomische Konjunkturpakete, die Bau, Gewerbe, Handel belebten und die demographische und ökonomische Wachstumsdynamik in der Region voran brachten.

Stadtbündnisse und städtische Autonomie

Von den zeittypischen Krisen des Mittelalters wurde auch Nauen erfasst: ein prägnantes Raubrittertum im 14. Jahrhundert bedrohte den Landfrieden und behinderten den Handel und Verkehr, Brände verwüsteten die Stadt, die Pest während der Spätmittelalterlichen Krise forderte 1348 ungezählte Opfer.

Die Zentralmacht in Brandenburg war eine schwache, so verbündeten sich die Städte im Spätmittelalter zum gegenseitigen Schutz. Nauens Ratsherren gingen 1521 ein Bündnis mit Spandau, Cölln, Frankfurt an der Oder, Strausberg, Köpenick und Rathenow ein. Sie versuchten gemeinsam gegen landesherrliche Eingriffe zu opponieren und verkörperten damit den damaligen Zeitgeist, der die Städte und ihre verbrieften Rechte im Landtag im 16. und frühen 17. Jahrhundert zu einer anhaltenden Machtbalance zwischen Landesfürst und kommunaler Autonomie verhalf. 

Reformation und Gegenreformation

Von 1517 bis 1648 erfuhr die Region und Nauen die Einflüsse der Renaissance und des Frühbarocks. Das reformatorische Bekenntnis hielt auch in Nauen Einzug. Nach dem Protokoll der ersten Generalkirchenvisitation, die nach Einführung der Reformation 1541 in Nauen abgehalten wurde, bestand schon eine Pfarren -Kaplanei- Schule, die von einem Schulmeister und seinem Gesellen (Baccalaureus) verwaltet wurde. Die Zeit der für die Stadt lukrativen Wallfahrten Gläubiger nach Neukammer endeten. Im Dreißigjährigen Krieg geriet Nauen zwischen die Fronten der Kaiserlichen und Protestanten. 1695 brannte der Ort bis auf die Grundmauern nieder. Der kurfürstliche Landesherr befreite die Bürger der Stadt für die Zeit des Aufbaus von den landesherrlichen Abgaben. Nauen war nach dem Stadtbrand von 1695 nach verbessertem Plan ausschließlich mit ziegelgedeckten zweigeschossigen Häusern aufgebaut worden.

Garnisonsstadt

Absolutismus, Merkantilismus, Sozialdisziplinierung und die Military Revolution führten zu Beginn der Aufklärung zu einer Ausweitung staatlichen Aufgabenspektrums. Der staatliche Überbau formierte sich und begann die städtischen Ratsautonomien zu untergraben. Dazu diente auch die ständige Präsenz von Soldaten des Königs in den Städten des seit 1701 existierenden Königreichs Preußen. Ab 1716 begann auch in Nauen die Einquartierung von Militär. Es erhielt eine starke Garnison. So stand in Nauen bis 1722 das 2. Bataillon der »langen Kerle«, des Leibregiments des Soldatenkönigs. Um die fünf Kompanien lagerten dauerhaft innerhalb der Stadtgrenzen. Selbst um 1868 bestand die Einquartierungsverpflichtung für städtische Wohnhausbesitzer für Armeeangehörige fort. Hierzu gab es eine extra Statut in Nauen, das die örtlichen Bestimmungen regelte. Das Einquartierungswesen in der Stadt Nauen wurde durch die Servisdeputation unter Aufsicht des Magistrats geleitet. Einerseits beschwerten sich viele Nauener Bewohner über das Militär, andererseits belebten sie die örtliche Wirtschaft, darunter auch das Bier- und Branntweingewerbe.

Kreissitz

Seit der Frühen Neuzeit war Nauen Kreissitz des Havelländischen Kreises. Das 18. Jahrhundert war vor allem von Melioriationsmaßnahmen wie der Trockenlegung des Havelländischen Luchs und dadurch bedingten größerem Ernteertrag geprägt. In Brandenburg wurden großflächige Moorkultivierungen im Havelländischen Luch (zwischen Nauen und Friesack) vorgenommen: 1718 bis 1724 wurden Entwässerungsgräben angelegt und 15.000 Hektar Land gewonnen. 1750 zählte Nauen 2.265 Einwohner und 1800 3.076 Einwohner. Es war damit die 26. größte Stadt der Mark Brandenburg dieser Zeit. Während der Zeit der Napoleonischen Fremdherrschaft (1806 – 1813/5) wurde Nauen von napoleonischen Soldaten als Garnisonsstandort genutzt. Nauen, das damals etwa 400 Familien bewohnten, hatte vom 26. Oktober bis zum 57. Dezember 1806 270 Offiziere, 25.828 Mann und 6.103 Pferde; auf jede Familie während zweier Monate etwa 60 Mann und 15 Pferde zu unterhalten. 1816 entstand der Landkreis Osthavelland. Als osthavelländische Kreisstadt wurde Nauen ab 1826 zum politischen Zentrum des Gebietes.

Nauens Weg zum Amtsgericht

Als 1849 die Gerichtsbarkeit im ganzen preußischen Staat, insbesondere auch durch Aufhebung der bis dahin bestehenden Patrimonialgerichte reformiert wurde, erhielt Nauen zum ersten Mal ein über den Stadtbezirk hinausgehendes Gericht, eine mit einem Richter besetzte Kreisgerichtskommission, welche zum Kreisgericht Spandau gehörte.

Die Justiz war im 19. Jahrhundert in Nauen im Rathaus untergebracht. Die räumlichen Verhältnisse dort waren sehr beengt und den Bedürfnissen der verschiedenen Nutzer nicht angemessen, denn es waren vom Gericht auch die Gefangenen zu verwahren. Durch Gesetz vom 1. August 1855 wurde Nauen wie alle Städte von der Verpflichtung zur Tragung der Kriminalposten und für Unterhaltung und Verwaltung der Gefängnisse sowie zur Fortgewährung der Gerichtslokalien gegen Erlegung einer festen Rente entbunden. Im Zuge der Justizorganisation 1879 bot die Stadt Nauen an, dem Fiskus ein Grundstück zu schenken, wenn darauf ein Gerichtsgebäude errichtet werde. So kam es zum Bau des Amtsgerichtsgebäudes, das 1882 bezogen wurde und - wie damals üblich - auch über einen Gefängnistrakt verfügte. Anfang der1930 Jahre wurde das Gefängnis geschlossen und überwiegend in Büro- und Archivräume umgebaut. So überdauerte das Amtsgericht die Jahrzehnte; bis zum Beginn der neunziger Jahre tat sich nicht viel in der Bau- und Ausstattungsgeschichte des Gerichts.

Zeit der Industrialisierung

Mit dem Anschluss an die Berlin-Hamburger Eisenbahn öffnete die Stadt sich ab 1846 noch mehr für das Wirtschaftsleben. Mit strukturbestimmend für die Region wurde die 1889 gegründete Zuckerfabrik. Mit dem Schiff wurden die Zuckerrüben nach Spandau gebracht. Von dort mit der Bahn nach Nauen in die Zuckerfabrik geliefert und anschließend wurde der fertig hergestellte Rohzucker mit der Bahn wieder nach Spandau transportiert. Ein neues, repräsentatives Rathaus war Ausdruck gewachsenen Wohlstands. Durch die Funkstation, nördlich vor der Stadt gelegen, wurde Nauen ab 1906 weltweit bekannt.

Die Novemberrevolution beendete das Königreich Preußen, es entstand der übergeordnete Freistaat Preußen. Rechte Freikorps versuchten die neue Deutsche Republik zu stürzen. Der durch Kapp organisierte Putsch führte als Gegenrektion zu einem deutschlandweiten Generalstreik. Auch im Regierungsbezirk Potsdam, zu dem Nauen gehörte, streikten die Arbeiter geschlossen. In Nauen wurde der Streik ebenso geschlossen geführt. Das ist insofern bedeutsam, da es sich hier um das direkte Vorfeld der Hauptstadt handelte, in der der Putsch stattfand. Die streikenden Arbeiter entwaffneten die Einwohnerwehr Nauens und verhinderten so die Errichtung des militaristischen Regimes. Der Kapp-Putsch scheiterte überall.

Nationalsozialismus

Im Januar 1933 wurde in der Stadt Nauen ein von der KPD, der Revolutionären Gewerkschaftsopposition und dem Kampfbund gegen den Faschismus unterzeichnetes Flugblatt verteilt, in dem zur „Einheitsfront der Tat“ aufgerufen und die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler als eine Provokation der 13 Millionen Wähler der SPD und KPD bezeichnet wurde. Dabei unterstrichen die Kommunisten die Erfahrung aus den Kämpfen gegen den Kapp-Putsch, daß gegen den Willen und „den geschlossenen Block der KPD- und SPD-Arbeiter keine Regierung imstande sei auch nur 24 Stunden zu regieren“.

Das Regime war stärker. Der Braune Staat etablierte ab 1933 den Führerstaat. Nauens Menschen, in direkter Umgebung zur Machtzentrale Berlin, spürten diese Veränderungen unmittelbar. Das Leben wurde totalitär neu geordnet. Es setzten Verfolgungswellen von politisch Andersdenkenden ein. Das Konzentrationslager Börnicke im Landkreis Osthavelland im preußischen Regierungsbezirk Potsdam wurde im Mai 1933 von der SA Nauen/Osthavelland auf dem Gelände einer ehemaligen Zementfabrik als frühes KZ für politische Gegner eingerichtet, später als Außenstelle von KZ Oranienburg geführt.

Mit Kriegsbeginn kam es auch in Nauen zu Mobilisierungen der wehrfähigen Bevölkerung. Viele von ihnen starben in den folgenden Kriegsjahren. Die Endzeit des Kriegs und die Zeit danach brachten auch für Nauen die überall bekannten Szenen des Endes und der Stunde Null. Diese waren im  März und April begleitet von durchziehenden Todesmärschen.

Beim Luftangriff am 20. April 1945 von einem Teil von 321 amerikanischen B-17 Bombern starben allein im Trafowerk Nauen 10 Mitarbeiter. Hauptziel waren Verschiebebahnhöfe in Nauen und Wustermark. Der Bahnhof und angrenzende Kleinindustrie erlitten schwere Zerstörungen. Insgesamt starben 83 Menschen an diesem Tag bei dem Bombardement in Nauen, andere später noch an den Folgen. Auch heute kommt es immer wieder zu Bombenfunden von Blindgängern bei Bauarbeiten. Bei Nauen trafen die sowjetischen Angriffsspitzen am 24. April zusammen und schlossen den Ring um die Reichshauptstadt. Ab dem 24. April 1945 wurde Nauen von Soldaten der Roten Armee besetzt. Es folgten Wochen der Suizide, Plünderungen und Vergewaltigungen. Noch in den letzten Kriegstagen kamen 12 Nauener Zivilisten durch Gewalteinwirkung bei der Eroberungswelle ums Leben.

Danach kam es zu Verteilungen von Lebensmittelkarten, Aufräumarbeiten und Zuschütten der Bombentrichter, Demontage von Anlagengütern in die Sowjetunion, Verhaftungen und Deportationen von Regimeanhängern aber auch Unbeteiligter in Lagern und nachfolgend in die Sowjetunion, Versorgungsengpässe, Hamsterzüge aus Berlin, Entnazifizierungskampagnen.

Das Leben fing nur langsam wieder an zu funktionieren und Gewalteinwirkungen blieben auch nach 1945 in Nauen und anderswo existenziell bedrohlich.

Literatur und Weblinks

  • Herbert Helbig: Gesellschaft und Wirtschaft der Mark Brandenburg im Mittelalter, Walter de Gruyter, 2013, S. 91
  • Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg an der Havel. Band 1: Band 1, Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928/29, Verlag Klaus D. Becker, Potsdam 2016, S.84f
  • Ernst Fidicin: Territorien der Mark Brandenburg: Oder Geschichte der einzelnen Kreise, Städte, Rittergüter und Dörfer in derselben, Band II, Teil I. Geschichte der Stadt und Insel Potsdam, Berlin 1858, Brandenburgische Landesgeschichte, Band 24, S.66f
  • AG Nauen - Chronik
  • Helle Sterne in dunkler Nacht: Studien über den antifaschistischen Widerstandskampf im Regierungsbezirk Potsdam, 1933-1945, Bezirksleitung Potsdam der SED, Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung, 1988, S.36
  • Rudolf Knaack, Otto Rückert: Dokumente und Materialien zu den sozialen und politischen Verhältnissen in der Provinz Brandenburg von 1917 bis 1923, Bezirkskabinett für Weiterbildung der Lehrer und Erzieher, 1968, S.155, S.209
  • Wissenschaftliche Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule Potsdam: Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Band 5,Ausgaben 1-2, 1959, S.140
  • Opfer der letzten Kriegswochen
  • Luftangriff auf Nauen
  • Tagebuch von Robert Burmeister Nauen im April 1945
  • Brandenburgische Technische Universität Cottbus, GUTACHTEN Nr. 705 (Kampfmittelräumung) , 2008, S.42f

Die Zeit der DDR


Nach 1945 kamen vermehrt Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten nach Nauen und siedelten sich dort dauerhaft an. Im Jahr 1950 lebten etwa 12.000 Menschen in der Kernstadt. Es folgte in der SBZ die Kollektivierung von Grund und Boden von Privatbesitz in Staatseigentum. VEBs und LPGs gründeten sich auch in Nauen und Nauener Land. Großgrundbesitzer flohen zumeist.

Beim Aufstand vom 17. Juni 1953 streikten Arbeiter in Nauen und gerieten in Konflikt mit SED-Funktionären. In der Nachkriegszeit wurde das Industriegebiet Ost mit rund 1.000 Beschäftigten entwickelt, Wohnblöcke in industrieller Bauweise sowie zwei Schulen und das Schwimmbad entstanden in den 1970er Jahren östlich der Altstadt. Dass die Einwohnerzahl dennoch kontinuierlich abnahm und in den 1980er Jahren auf einen Tiefstand von rund 10.000 sank, ist der Lage Nauens im Windschatten von Westberlin, verbunden mit langen Wegen zur ehemaligen Hauptstadt der DDR, geschuldet. Betriebe wurden verstaatlicht und firmierten als VEBs. Die Reinvestitionsquote blieb auch in Nauen niedriger als eine äquivalente Erneuerung es benötigte. Die Folge: Veraltung der Anlagengüter im öffentlichen Raum und Aufbau von Sanierungsstaus. Die Infrastruktur veraltete. Das wurde überall im Stadtbild sichtbar anhand der verfallenden Hausfassaden, alter abgeblätterte und verrostete Straßenschilder und Straßenschäden. Gesellschaftliches Leben fand zentral gesteuert statt. Initiatoren waren die Betriebsorganisationen oder staatliche gesellschaftliche Organisationen. Der Rat der Stadt hatte nur formell eine kommunale Selbstverwaltung inne und blieb stark von Bezirksweisungen geprägt.

 

Nach der Wiedervereinigung


Die Wiedervereinigung brachte erhebliche strukturelle Veränderungen für die gesamte Region mit sich. Nauen verlor zunächst viele Arbeitsplätze durch die Schließung der Zuckerfabrik und den intensiven wirtschaftlichen Strukturwandel. Vorher stark landwirtschaftlich geprägt, entwickelte sich Nauen zu einem Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungsstandort. Der aufgebaute Sanierungsstau wurde in den 1990er Jahren bis heute abgetragen. Es entstand ein neues Gewerbegebiet und es siedelten sich neue Unternehmen dort an. Das Gemeindeleben wurde insgesamt pluralistischer und dezentraler.

Die optimistischen Wachstumserwartungen der Nachwendejahre sahen eine Verdopplung der Einwohnerzahl innerhalb von 10 Jahren vor, was sich auch im ersten FNP der Stadt wiederspiegelt. Die Siedlungsfläche von Nauen sollte um 168 ha anwachsen und sich bis zum ein Kilometer entfernten Ortsteil Neukammer erstrecken. Somit wäre die heute im Süden der Kernstadt verlaufene Umgehungsstraße nicht 500 Meter vom Siedlungsgebiet entfernt, sondern würde über weite Strecken direkt durch die Stadt führen. Die Bevölkerungsentwicklung verlief aber anders als erwartet. Auf dem heutigen Stadtgebiet wohnten 1991 rund 16.900 Einwohner. 10 Jahre später waren es ebenso viele. Den Tiefststand der Bevölkerungszahl wurde 2009 mit rund 16.500 Einwohnern erreicht. Seitdem nimmt die Bevölkerungszahl wieder kontinuierlich zu. Seit der Gemeindegebietsreform im Jahr 2003 gehört das Amt Nauen-Land Mit weiteren 14 Gemeinden ebenfalls zur Stadt Nauen und trägt maßgeblich zur Identifikation der Stadt bei. Die Stadt ist seitdem etwa zu gleichen Anteil auch eine Landgemeinde.

 

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